Platz da! Im Eifelort Lammersdorf ist das nicht unbedingt ein Grund zum Zurückweichen. Denn „Platz“ ist auch die rheinische Bezeichnung für ein süßes Hefegebäck, von dem sich genussfreudige Menschen gerne anlocken lassen. Zum Beispiel, wenn an den Backtagen des Lammersdorfer Bauernmuseums die Eifel-Variante der Köstlichkeit – der „Knippplatz“ – aus dem Ofen geholt wird. Dies ist aber nur einer von vielen guten Gründen für einen Besuch im Heimatmuseum des Monschauer Landes, wie das Bauernmuseum von manchen mit inoffiziellem Ehrentitel genannt wird. Seit vierzig Jahren hat es seinen Sitz in einem Wohnstallhaus aus dem Jahr 1889.
Das Bauernmuseum in Simmerath-Lammersdorf

Foto: Verein für Heimatgeschichte und Dorfkultur Lammersdorf e. V.
Lammersdorf ist ein Ortsteil der Gemeinde Simmerath. In dem Dorf nördlich von Monschau leben nur gut zweitausend Menschen, allerdings in höchst ungewöhnlicher Lage. Denn ein Teil der Dorffläche ist als sogenannte Exklave komplett von nichtdeutschem Staatsgebiet umschlossen. Der Grund: Die Trasse der Vennbahn, einer ehemaligen Eisenbahnstrecke, gehört auf manchen Teilstücken rechtlich zu Belgien. So auch der Abschnitt, der durch Lammersdorf verläuft, wo man daher ein paar Meter belgisches Hoheitsgebiet zu durchmessen hat, um von Deutschland nach Deutschland zu gelangen.
Museums- und Theaterarbeit
Das 1984 gegründete Lammersdorfer Bauernmuseum, das unweit der Vennbahntrasse in der Bahnhofstraße 3 zu finden ist, beherbergt keine museale Vitrinen-Ansammlung. Es ist vielmehr ganz darauf ausgerichtet, uns das bäuerliche Leben in der Eifel um 1900 unmittelbar vor Augen zu führen. Wir machen einfach einen Zeitsprung: Die damals hier lebende Familie ist gerade außer Haus, doch dürfen wir uns zwanglos in ihrem Heim bewegen, Einrichtungs- und Alltagsgegenstände betrachten, teilweise sogar berühren oder ganz in die Hand nehmen. Nun, tatsächlich wurden die insgesamt über zweitausend Exponate des Museums mit viel Aufwand und Geduld vom Trägerverein zusammengesammelt, um einen auch in den Details authentischen Eindruck zu vermitteln. Im Stallbereich sind sogar die Namen der Kühe mit Kreide angeschrieben.
Die Vielfalt seiner in Arbeitskreisen organisierten Aktivitäten zeichnet den Lammersdorfer „Verein für Heimatgeschichte und Dorfkultur“ aus. Das Museum hat sich dabei als außerschulischer Lernort bei Klassenausflügen besonders bewährt, erklärt aber Erwachsenen ebenso gern, wie man traditionell-handwerklich drechselt, webt oder Besen bindet. Zweites Standbein des Vereinslebens ist die Theaterarbeit, aufgegliedert in eine Erwachsenen- und eine Kinder- und Jugendgruppe. Darüber hinaus liegen Buchpublikationen zur Dorfgeschichte vor, von denen die meisten aus der Feder von H. Jürgen Siebertz stammen, dem Initiator und Mitbegründer des Bauernmuseums. Viele Feste und Aktionen sowie heimatgeschichtliche Ausstellungen und Vorträge runden ein Angebot ab, das sich auf die breite Basis von mehr als fünfhundert zahlenden Vereinsmitgliedern stützen kann.

Von Aachen nach Ulflingen
Die Trasse der 2002 stillgelegten Vennbahn verläuft in unmittelbarer Nähe des Lammersdorfer Bauernmuseums, das damit Anschluss an einen der längsten Bahntrassen-Radwege Europas hat – den 2013 eröffneten Vennbahnradweg. Die rund 130 Kilometer lange Route, die in Aachen beginnt und im luxemburgischen Ulflingen endet, führt durch den Naturpark Hohes Venn-Eifel und die Ardennen. Sie berührt mit Deutschland, Belgien und Luxemburg drei verschiedene Länder. Wie für Radstrecken auf ehemaligen Bahntrassen typisch, muss man dabei nur mit geringen Steigungen rechnen.
www.vennbahn.eu
Pfettensanierung
Im Sommer 2024, exakt vierzig Jahre nach der Museumsgründung, konnten dringend notwendige Sanierungsmaßnahmen am Wohnstallhaus abgeschlossen werden, inklusive energetischer Ertüchtigung. Sorgen hatte unter anderem das Pfettendach des Hauses bereitet. Pfetten – so nennt man die waagerechten Balken einer Dachkonstruktion, auf denen die schräg nach oben gerichteten Sparren aufliegen. Zwar lassen sich Dachstühle auch ohne Pfetten errichten, sie tragen aber erheblich zur Stabilität etwa unter schweren Schneelasten bei.

Die Pfetten des Lammersdorfer Wohnstallhauses waren nicht zuletzt durch Schnee jahrzehntelang so stark beansprucht worden, dass sie bereits mehrere Bruchstellen aufwiesen – die Reparatur erwies sich als dringend notwendig. Im Übrigen wurden tragende Hölzer des Hausständerwerks saniert, historische Kastenfenster mit Winter-Vorsatzflügeln versehen und eine neue Heizungsanlage installiert, die für Wärme auch in zuvor nicht beheizbaren Räumen sorgt. Sämtliche Maßnahmen erfolgten in Abstimmung mit dem Amt für Denkmalpflege des Landschaftsverbandes Rheinland. Zum erfolgreichen Abschluss des Projekts fand im Juni 2024 eine kleine Feier statt, bei der die Museumsvorsitzende Edith Laeven Unterstützerinnen und Unterstützer begrüßte. Es gab Kaffee – und natürlich köstlichen Knippplatz.
Blickpunkt

Die NRW-Stiftung stellte dem „Verein für Heimatgeschichte und Dorfkultur Lammersdorf e. V.“ Fördermittel für die bauliche Sanierung und die energetische Ertüchtigung des Bauernmuseums in Simmerath-Lammersdorf zur Verfügung.
www.lammersdorf-bauernmuseum.de