TTT – Die Bänder und die Bühne

Taltontheater Wuppertal

Foto: Joachim Schmitz/TalTonTheater

Theaterkarten berechtigen zum Besuch von Vorstellungen auf Brettern, die die Welt bedeuten. Interessant wäre aber auch der Blick auf eine „Theater-Karte“ im Sinne eines landesweiten Übersichtsplans über all die Bühnen, Ensembles und Initiativen, deren Inszenierungen und Auftritte das Publikum in NRW faszinieren. Eine Reihe von Einträgen in so einem Plan würde auf Partnerprojekte der NRW-Stiftung hinweisen, so auf das TTT, das Wuppertaler TalTonTheater. Sein Name ist so ungewöhnlich wie die Geschichte seiner Spielstätte.

Barmer Artikel – mit diesem Begriff bezeichnete man früher textile Kurzwaren wie Litzen, Sockenhalter, Hosenträger und Strumpfbänder, die im Tal der Wupper besonders erfolgreich produziert und aufgrund ihrer Qualität in alle Welt exportiert wurden. Zu den führenden Unternehmen der Branche gehörte die Firma Gold-Zack, die sich ihren Namen vor allem als Gummibandweberei machte. Sie hatte Wurzeln in Barmen, auch wenn das 1910 erbaute Gold-Zack-Gebäude nicht dort, sondern im Stadtteil Elberfeld zu finden ist – ein viergeschossiger Stahlskelettbau mit bleiverglaster Rasterfassade, der 1986 unter Denkmalschutz gestellt wurde.


Professionell und persönlich 

In dem Haus erinnert das „Bandwebermuseum“ an die textile Vergangenheit Wuppertals, wo Anfang des 20. Jahrhunderts viele Tausend „Bandstühle“ auch in Heimarbeit betrieben wurden. Die Räume des Gold-Zack-Gebäudes dienen heute aber nicht mehr der Weberei, sie stehen vielmehr Handwerksbetrieben, einer Kletterhalle, einem Café und anderen Nutzungen zur Verfügung. Nicht zuletzt die Theaterinitiative TTT zählt dazu, die es schon seit 2004 gibt und die ihre Produktionen seit 2017 mit Unterstützung eines eigenen Fördervereins auf die Bühne bringt. Historisches findet sich dabei ebenso wie Zeitgenössisches, Komödien stehen neben Musicals, Krimis werden gerne humorvoll gegen den Strich gebürstet. 
 

Die Besonderheit des TTT: Die Einnahmen sichern Miete, Erhalt und Betrieb des Theaters, die künstlerische Arbeit findet hingegen auf ehrenamtlicher Basis statt. Neben seinem Hausensemble setzt das TalTon auf Gastspiele, betreibt Nachwuchsarbeit, bietet Ausbildungspraktika in verschiedenen Sparten des Bühnenwesens an und stützt sich bei alldem auf Menschen mit und ohne Handicaps. Thomas Stratmann, Vorsitzender der „Unterstützer und Freunde des TalTonTheaters“, unterstreicht: Das Projekt möchte Schwellenängste gegenüber Kultur und Schauspiel verringern, indem es professionelle Theaterarbeit innerhalb eines persönlichen Rahmens erlebbar macht. 

Bühne frei für Engagement und Initiative

NRW-Theaterinitiativen, nicht zuletzt im Bereich von Jugend und freier Szene, hat die NRW-Stiftung mehrfach unterstützt. Maßnahmen zu Inklusion und Barrierefreiheit standen dabei oft im Vordergrund, so beim JTB, dem Jungen Theater Bonn, oder dem Lea Drüppel-Theater in Haltern, benannt nach einer Schülerin, die 2015 bei der Germanwings-Katastrophe starb. Den Reiz ungewöhnlicher Spielstätten beweisen unter anderem das Orangerie-Theater im Kölner Volksgarten und das Dortmunder Theater im Depot, das in einem Straßenbahn-Ausbesserungswerk von 1916 residiert. Gefördert wurden zum Beispiel auch das Haus der Springmaus und das Theater im Ballsaal (beide Bonn), das Theater Filou in Beckum, das Heimhof-Theater in Burbach, das Wolfgang Borchert Theater in Münster sowie die Volksbühne am Rudolfplatz und das Comedia Theater (beide Köln).

Jubiläum mit Macbeth 

Der Name TalTon verweist zum einen auf das Tal der Wupper, deutet zum anderen aber auf das Reich der Töne hin, da Musik für die private Bühneninitiative von Anfang an eine große Rolle spielte. Ursprünglich nutzten die TalTöner das Wuppertaler Rex-Theater für ihre Aufführungen, das jedoch 2010 geschlossen wurde. Umso erfreulicher war es, dass der Betrieb schon 2012 unter dem Dach der ehemaligen Gold-Zack-Fabrik erfolgreich weitergeführt werden konnte – so erfolgreich, dass das Projekt jüngst sein zwanzigstes Jubiläum erlebte. Bezeichnend für die künstlerische Ambition des TTT ist die Auswahl des Stückes, das im November 2024 zur Wiedereröffnung gegeben wurde: William Shakespeares Macbeth.  

Dass sich erfreulicherweise ausgerechnet im Jubiläumsjahr die Gelegenheit zur Sanierung der Theaterräume und zur Vermehrung der Publikumskapazität von gut achtzig auf über 120 Plätze ergab, hängt  mit den jüngsten Entwicklungen rund um das Gold-Zack-Haus zusammen. Denn das wurde 2022 durch die „Montag Stiftung Urbane Räume gAG“ übernommen, die sich mit gemeinwohlorientierter Quartiers- und Immobilienentwicklung befasst. Ihr Ziel ist es, das ehemalige Fabrikgelände dezidiert zum Ort des Austauschs und des Mitwirkens zu gestalten. Dabei sollen die Freiflächen des achttausend Quadratmeter großen Grundstücks zum stark begrünten „urbanen Dorfplatz“ werden. Unweit der vielfach preisgekrönten und ebenfalls von der NRW-Stiftung geförderten „Utopiastadt“ im Mirker Bahnhof erfährt die Wuppertaler Stadtlandschaft mit dem Vorhaben eine weitere kulturelle Aufwertung.

Text: Ralf J. Günther
 

Blickpunkt

Die NRW-Stiftung half den „Unterstützern und Freunden des TalTonTheaters e. V.“ bei der Erweiterung und Möblierung des Bühnen- und Zuschauerraumes sowie der Erneuerung von Licht- und Tontechnik.
www.taltontheater.de