Iserköppe im wehrhaften Denkmal

Der Bieketurm in Attendorn

Foto: Schützengesellschaft Attendorn

Foto: Schützengesellschaft Attendorn

Im Jahr 2022 konnte Attendorn im Sauerland auf 800 Jahre Stadtrechte zurückblicken. Bei solchem Erinnern spielen in der Regel Baudenkmäler aus längst vergangenen Tagen eine wichtige Rolle. In Attendorn hat es ein alter Wehrturm sogar zum städtischen Wahrzeichen gebracht, das allerdings kurz vor dem Jubiläum noch von der Belagerung durch einen wilden Feind befreit werden musste. Seit er gewichen ist, steht einem Besuch bei den Attendorner Iserköppen nichts mehr im Wege.

Die Stadt Attendorn liegt im kölnischen Sauerland, das heißt im ehemaligen Herrschaftsbereich der Erzbischöfe von Köln. Selbst Auswärtige können sich das leicht merken, falls sie eine etwas makabre Eselsbrücke nicht scheuen. Denn der Erzbischof, der Attendorn 1222 die Stadtrechte verlieh, kam nur drei Jahre später bei einem der spektakulärsten Mordfälle des Mittelalters ums Leben: Mehr als fünfzigmal wurde bei einem Überfall auf den Kölner Metropoliten Engelbert von Berg eingeschlagen und eingestochen, durch dessen Politik sich ein Teil des regionalen Adels in seiner Macht bedroht gefühlt hatte. Das blutige Geschehen wühlte die Menschen damals auf, der berühmte Dichter Walther von der Vogelweide fasste die Empörung darüber in Verse, und das Mordopfer wurde sogar zum Heiligen verklärt.

Attendorn war eine kölnische Grenzfeste gegenüber der benachbarten Grafschaft Mark. Auch deshalb wuchs seine Stadtmauer zu beträchtlichen Dimensionen an, wobei im 14. Jahrhundert der Bieketurm entstand, der heute zu den letzten größeren Relikten des 1812 niedergelegten Mauerrings zählt. Zeitweilig als Gefängnis und als Lager für Eisblöcke genutzt, kam der Turm, der nach einem Zufluss der Bigge benannt ist, 1985 in den Besitz der Attendorner Schützengesellschaft. Letztere gestaltete ihn acht Jahre später zum Zeughaus und Museum um, in dem unter anderem die legendären Attendorner Iserköppe zu sehen sind – Eisenhelme, die laut Tradition im Dreißigjährigen Krieg von den Schweden erbeutet wurden.

Efeu und Grauwacke

2019 zeigte sich die äußere Sanierungsbedürftigkeit des Turms. So manches Stück Grauwacke-Mauer wurde nur noch vom Efeu festgehalten, dessen Wurzeln aber zugleich tiefe Zerstörungen anrichteten. Unterstützt von der Denkmalpflege rückte die Schützengesellschaft der wild wachsenden Belagerung daher 2020 eigenhändig zu Leibe, anschließend erfolgten fachliche Neuverfugung und Neueindeckung des Bauwerks. In nur acht Wochen konnten so 420 Quadratmeter Mauer, 220 Quadratmeter Dach und dreißig Meter Dachrinne instandgesetzt werden, übrigens unter Beachtung des Artenschutzes, ist altes Mauerwerk doch fast immer auch ein Lebensraum. Für das achthundertjährige Stadtrechtsjubiläum war der Bieketurm damit bestens gewappnet, umso mehr, als ihn der Landschaftsverband Westfalen-Lippe schon im Februar 2021 als Denkmal des Monats würdigte.

Text: Ralf J. Günther

Blickpunkt

Die NRW-Stiftung stellte der „Schützengesellschaft Attendorn 1222“ Mittel für die denkmalgerechte Sanierung des Bieketurms zur Verfügung. So blieb ein prägendes und identitätsstiftendes Baudenkmal als eindrucksvoller Überrest des mittelalterlichen Attendorns erhalten und als Museum und Zeughaus zugleich für die Öffentlichkeit zugänglich. www.1222ev.de