Bäche ans Licht!

Gewässerschutz Stadt Aachen

Foto: Ökologie-Zentrum Aachen e. V.

Foto: Ökologie-Zentrum Aachen e. V.

Ohne seine Quellen und Bäche wäre Aachen nicht Aachen. Zur Zeit der Römer und der Karolinger waren die Thermen alte Siedlungszentren, seit dem Mittelalter trieben die Bäche ungezählte Mühlen an und in der Neuzeit war die Wasserkraft der Motor für die Entwicklung der Aachener Textilindustrie. Heute laufen die innerstädtischen Gewässer allerdings meist im Untergrund. Damit das nicht so bleibt, engagiert sich das Ökologie-Zentrum Aachen e. V. für das Offenlegen von Wasserrinnen im Stadtzentrum und für die Renaturierung der Bäche im Aachener Umland.

Schon der alte Name Aquisgranum verwies auf das lebensspendende Nass, bedeutet er doch „Bei den Wassern des Grannus“. Die Aachener Quellen waren nämlich dem keltischen Gott dieses Namens geweiht. Und früher waren viele Aachener stolz darauf, wenn sie mit dem Wasser der Pau getauft waren, denn der Paubach, auch „Aachener Reichsstrom“ genannt, speiste seit alters her die Taufkapelle am Dom. Das überwiegend weiche Aachener Wasser war begehrt für die Tuchfabrikation, und Wasserkraft wurde zum Mahlen von Korn, zum Pressen von Öl, zum Garnspinnen, Walken sowie in der Metallbearbeitung genutzt. Es ist keine Übertreibung, die Aachener Bäche als die historischen Schlagadern der Stadt zu bezeichnen.

Verborgene Kanäle

Bäche lieferten nicht nur Brauchwasser und Energie – bis zum Bau einer funktionierenden Kanalisation nahmen sie auch die Haushaltsabwässer auf. So verband man im 19. Jahrhundert mit offenen Bächen die Angst vor üblen Gerüchen und Krankheiten. Zudem waren sie ein Hindernis für Fuhrwerke und den Straßenverkehr. Vor 200 Jahren begann man deshalb, die Fließgewässer in den Untergrund zu verlegen. Wer die Topografie, alte Straßennamen und historische Bauwerke zu lesen versteht, kann den früheren Verlauf der Bäche noch verfolgen. Aber auch ohne stadthistorische und gewässerkundliche Kenntnisse lässt sich auf Spurensuche gehen. Der Schlüssel zu diesem spannenden Thema ist das Buch „Die Aachener Bäche“: Es verzeichnet sämtliche Fließgewässer des Stadtgebiets in ihrem historischen und aktuellen Verlauf, ganz gleich, ob offen oder verborgen. Fotos, Kartenausschnitte, Zeichnungen aus Archiven und ein lebendig geschriebener Text schildern alles, was es über das 240 Kilometer lange blaue Netz, über Stauteiche, Kanäle, Brunnen, Mühlen und die an ihnen angesiedelten Betriebe zu berichten gibt.

„Die meisten Probleme sind wasserlöslich“

Über Jahrzehnte sah man in den Aachener Bächen in erster Linie Regen- und Schmutzwassersammler, doch mittlerweile sind die meisten durch eine separate Abführung und Reinigung der Abwässer wieder sauber und in ihren ökologischen und sozialen Funktionen rehabilitiert. Zudem tragen Bäche zum Erholungswert bei und sind ein Segen für das Innenstadtklima. Als Ziel der aktuellen Entwicklungskonzepte ist die Bachoffenlegung deshalb bereits verankert und Machbarkeitsstudien zeigen auf, welche Bäche wo ans Licht geholt werden können. Ein Referenzprojekt gibt es auch schon: Der Johannisbach plätschert auf 400 Meter Länge wieder oberirdisch, in einer gepflasterten Rinne vom Lindenplatz bis zur Neupforte. Die Aachener warten ungeduldig auf die Renaissance weiterer Abschnitte von Johannis- und Paubach im Bereich des Stadtzentrums.

Auch außerhalb der Innenstadt ist noch manches zu tun, denn dort wurden einige Bäche in früheren Jahrzehnten begradigt und künstlich befestigt. In mehreren Abschnitten des neun Kilometer langen Haarbaches an der Ostgrenze der Stadt hat man solche Fehler mittlerweile rückgängig gemacht. Flora und Fauna erholen sich rasch, und nach Starkregen kann die naturnahe Aue jetzt wieder mehr Wasser aufnehmen und zurückhalten. Dabei wird deutlich, dass sich mit einem Zulassen von mehr Natur gleich mehrere Sünden wiedergutmachen lassen. Weitsichtige Aachener Planer und Planerinnen zitieren in diesem Zusammenhang gern den Schriftsteller John von Düffel: „Die meisten Probleme sind wasserlöslich!“

Text: Günter Matzke-Hajek

Blickpunkt

Das seit 1981 bestehende Ökologie-Zentrum Aachen e. V. engagiert sich für den Schutz der Stadtnatur und eine menschen- und naturfreundliche Stadtentwicklung. Die ehrenamtlich tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentrums geben ihr Wissen in Umweltbildungsveranstaltungen an Interessierte weiter.

Die NRW-Stiftung förderte ein vom Ökologie-Zentrum herausgegebenes Buch über „Die Aachener Bäche“ (ISBN 978-3-00-069645-9).
www.oekologie-zentrum-aachen.de