Wegweiser für die Hüter des Astropeilers

25-jähriges Vereinsbestehen Astropeiler Stockert

Astropieler Stockert

Foto: Werner Stapelfeldt

Der Astropeiler war das erste freibewegliche Radioteleskop Deutschlands, konzipiert für hochpräzise Messungen. 1956 wurde er auf dem Stockert errichtet, einer rund 435 Meter hohen Bergkuppe in der Eifel. Die Anlage ist ein weithin sichtbares Symbol nordrhein-westfälischer Technik und Wissenschafts­geschichte, überdies als Eigentum der NRW-Stiftung ein markantes Wahrzeichen für ehrenamtliches Engagement. Der Verein, der den Astropeiler betreibt, hat im 25. Jahr seines Bestehens den WegWeiser-Preis 2021 erhalten.

Dass das Weltall „funkt“ weiß man seit den 1930er Jahren. Die Erforschung der kosmischen Strahlung erfordert allerdings technische Apparaturen von teilweise spektakulären Dimensionen. Der Astropeiler beeindruckte bei seiner Errichtung vor 65 Jahren mit einer 25-Meter-Parabolantenne, deren Kipp- und Drehbarkeit während der Ost-Westspannungen nach dem Zweiten Weltkrieg auch für militärische Peilungen interessant war. Primär reckte sich diese Antenne aber der Radiostrahlung aus den Tiefen des Weltalls entgegen.

Forschen und lernen

Man spürte auf dem Stockert dem interstellaren Wasserstoff nach oder sammelte Daten der Strahlung aus der Milchstraße und anderen Galaxien – bis die Inbetriebnahme des riesigen, nur etwa zwölf Kilometer entfernten Radioteleskops Effelsberg die Situation 1972 grundlegend veränderte. Die Effelsberger Antenne war mit ihrer abgeschirmten Lage in einer Talmulde und ihrem Durchmesser von rund hundert Metern weitaus leistungsfähiger als der Astropeiler, so dass dieser eine Betriebsunterbrechung erlebte. Erst nachdem die Universität Bonn ihn 1978 vom Max-Planck-Institut übernommen hatte, kam für den Peiler noch einmal ein mehrjähriges Forschungsprogramm zustande. Bis 1993 liefen hier zudem studentische Ausbildungsprojekte. Danach wurde das Radiotelesko erneut stillgelegt und an eine Siegburger Firma für Audiotechnologien verkauft, die zu seinen Füßen Musikfestivals unter der humorigen Bezeichnung „Woodstockert“ veranstaltete.

Entscheidend für die Zukunft der Radiosternwarte war die Gründung des Vereins „Astropeiler Stockert“ im Jahr 1996. Das Ziel, die Anlage zu sanieren und als offenen Lehr- und Lernort für Astronomie und Physik zu betreiben, überzeugte auch die NRW-Stiftung. Sie wurde 2005 Eigentümerin des inzwischen denkmalgeschützten Astropeilers. Fünf Jahre später konnte er nach aufwendigen Modernisierungen und Reparaturen wiedereröffnet werden. Der Messbetrieb erfolgt seitdem im Rahmen engagierter Amateurastronomie, vielfach auch in Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Instituten weltweit. Die Flutkatastrophe, die im Juli 2021 nicht zuletzt Bad Münstereifel schwer heimsuchte, verschonte den hochgelegenen Peiler zum Glück. Ein wenig Wasser im Keller des „Sonnenhauses“, sprich: des Laborgebäudes, zog keine technischen Schäden nach sich. Der Verein konnte Menschen, die von den Überschwemmungen betroffen waren, sogar mit Trinkwasser aus der hauseigenen Brunnenanlage helfen.

NRW im All

Durch seinen Betreiberverein ist der Astropeiler zu einem Standort für Wissenschaft und zu einem praxisnahen, erfolgreichen außerschulischen Lernort für die sogenannten MINT-Fächer geworden, sprich: für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Das allgemeine Publikum ist darüber hinaus zu sonntäglichen Führungen eingeladen, bei denen Geschichte und Gegenwart der Radiosternwarte anschaulich erläutert werden. Das muster­gültige Engagement auf dem Stockert wurde vom Förderverein der NRW-Stiftung im Sommer 2021 mit dem WegWeiser-Preis au­sgezeichnet – zugleich ein ermunterndes Aufbruchssignal, nachdem die Corona-Pandemie die Sonntagsführungen lange Zeit verhindert hatte. Seit August können Interessierte den Astropeiler aber wieder mit eigenen Augen und Ohren erleben und dabei nicht nur etwas über das Weltall erfahren, sondern auch über den Platz, den NRW darin einnimmt.

Text: Ralf J. Günther

Was ist der WegWeiser?

Im Jahr 2002 gab Professor Dr. Eberhard Weise, seinerzeit stellvertretender Präsident der NRW-Stiftung, bei dem Künstler Kurt Arentz eine Plastik in Auftrag – gedacht als Ehrengabe für Einzelpersonen oder Gruppen, die sich beispielhaft zugunsten von Natur, Heimat und Kultur in NRW engagieren. Die Bronzeskulptur zeigt eine Figur, die einen Stein ins Rollen bringt. Sie wurde vom Förderverein der NRW-Stiftung in Anlehnung an den Namen Professor Weises „WegWeiser“ getauft und erstmals 2003 verliehen, damals an den Fotografen Klaus Michael Lehmann, der maßgeblich zur Rettung von zwei Fördertürmen im Ruhrgebiet beigetragen hatte. Der Verein „Astropeiler Stockert“ ist der zwanzigste Preisträger des WegWeisers. Der Förderverein der NRW-Stiftung, der die Auszeichnung vergibt, hat derzeit rund 8.500 Mitglieder, Einzelpersonen und Familien, aber auch Städte, Kreise, Unternehmen und Verbände. Vorsitzender des Fördervereins ist Michael Breuer.

Blickpunkt

Die NRW-Stiftung ist Eigentümerin des Astropeilers und ermöglichte dessen Sanierung. Sie unterstützt den Verein „Astropeiler Stockert e. V.“dabei, dass das Radioteleskop als wissenschaftlicher Forschungsstandort und funktionstaugliches Technikdenkmal auch künftig betriebsfähig bleibt. www.astropeiler.de