Das erste Haus am Platz

 

Reihe: Baudenkmäler im Eigentum der NRW-Stiftung

Foto: Stefan Ziese

Die Nordrhein-Westfalen-Stiftung unterstützt seit 1986 ehrenamtliche Initiativen, die sich für Natur, Heimat und Kultur einsetzen. Verschiedene Vereine und Institutionen kümmern sich dabei auch um Naturflächen und Bauwerke, die von der NRW-Stiftung erworben wurden, um sie zu erhalten und als Museen oder Begegnungsorte zu nutzen. Der folgende Beitrag ist Teil einer Serie über Vergangenheit und Gegenwart von Baudenkmälern im Stiftungseigentum. Dabei lassen sich viele außergewöhnliche Geschichten über Orte und Menschen in NRW erzählen. In der zweiten Folge steht das Heimathaus Siegen-Bürbach im Mittelpunkt

Tradition, Geschichte und Gemeinschaft gehören in Bürbach unter Dach und Fach. Die Bewohnerinnen und Bewohner des Siegener Stadtteils haben das älteste Fachwerkgebäude der Ortschaft zum Heimathaus umfunktioniert. Es dient ihnen als Museum, Treffpunkt und Ort der Erinnerung zugleich.

Das erste Haus am Platz ist das 1650 erbaute Wohn- und Wirtschaftsgebäude einer ehemaligen Hofstelle. Wie früher üblich, erhielt es als ältestes Gebäude die Hausnummer 1. Fast wäre das geschichtsträchtige Anwesen verfallen. Um es zu retten und damit einen wichtigen Teil der Ortsgeschichte für die Zukunft zu bewahren, kaufte die NRW-Stiftung 1987 Haus und Grundstück. Sie übergab das Gebäude dem Verein für Bürbacher Ortsgeschichte und Heimatpflege, der es behutsam restaurierte. Im Oktober 1992 schließlich eröffnete der Verein in dem Fachwerkhaus ein Heimatmuseum.

Streuobstwiese und Bauerngarten

Umgeben von einer Streuobstwiese und einem idyllischen Bauerngarten liegt das Baudenkmal im Bürbacher Oberdorf. Kopfsteinpflaster vor dem Haus, weiße Häkelgardinen hinter den Sprossenfenstern — das Baudenkmal ist ein Kleinod voller Erinnerungsstücke. Seinen Namen erhielt das „Beckersch Huss“ von dem ehemals vor dem Gebäude gelegenen Dorfbackhaus. Dieser Backes selbst ist nicht mehr erhalten. An seinem Standort liegt heute der Löschteich des Ortes. Um aber die Back-Tradition auf dem Grundstück wieder aufleben zu lassen, erwarb der Verein ein historisches Backhaus vom „Hof Buchen“ in Netphen. Der Backes wurde sorgsam abgetragen und in Bürbach wiederaufgebaut. Regelmäßig fachen die Mitglieder der Backes-Gruppe das Feuer im eigenhändig errichteten Ofen an und lassen nun wie einst den Duft von frisch gebackenem Brot und Kuchen durch das Oberdorf ziehen. Die Backwaren werden dann im alten Backes angeboten.

Engagement und Erinnerung

Dass sich im „Beckersch Huss“ freilich nicht alles um den Betrieb des Backhäuschens drehte, erzählen viele Ausstellungsstücke im Heimatmuseum. Der Verein hat es im oberen Stockwerk des Hauptgebäudes eingerichtet. Seit 1986 haben die ehrenamtlich engagierten Bürbacherinnen und Bürbacher die Sammlung zusammengetragen. Im Haus richteten sie eine Spinn- und Webstube, eine alte Siegerländer Küche sowie eine Wohn- und Schlafstube ein. Unter anderem zeigt die Ausstellung aber auch Teile der historischen Wasserleitung, die ab 1531 von Bürbach nach Siegen geführt wurde. 350 Jahre lang versorgte sie die Stadt mit Frischwasser. Das Heimatmuseum erzählt außerdem die Geschichten der Menschen, die im Laufe der Jahrhunderte im „Beckersch Huss“ lebten. Im 19. Jahrhundert bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts waren die Bewohner des Gehöftes in der Eisenindustrie beschäftigt – darunter auch der Gießermeister Ludwig Gerbershagen, der in einer Gießerei gußeiserne Öfen herstellte. Der Heimatverein gedenkt in seiner Dauerausstellung auch Karl Reuter, der 1894 in dem Haus geboren wurde. Im Jahr 1941 wurde er von den Nazis umgebracht. Ein Stolperstein vor dem Heimathaus erinnert an das Opfer des NS-Regimes.

Das Heimathaus dient den Menschen in Bürbach nicht alleine als Ort der Erinnerung. Es bietet Raum für Zusammenkünfte und Austausch. So treffen sich in dem historischen Gebäude regelmäßig unter anderem der Siegerländer NABU und die Dorfgemeinschaft. Damit ist das älteste Haus am Platz auch heute noch eines der wichtigsten für Bürbach.

Text: Hannah Blazejewski

 

Ralf Kubosch, 1. Vorsitzender des Vereins, sowie Dieter Tröps, Ehrenvorsitzender des Vereins, stellen in einem neuen Film das Heimathaus vor.
Hier geht es zum aktuellen Film

Blickpunkt

Die NRW-Stiftung ist Eigentümerin verschiedener denkmalgeschützter Gebäude in Nordrhein-Westfalen, deren heutige Nutzung wir in einer Serie vorstellen. Beim Heimathaus Siegen-Bürbach, dem „Beckersch Huss“, handelt es sich um das 1650 erbaute Wohn- und Wirtschaftsgebäude einer ehemaligen kleinen Hofstelle. Im Jahr 1987 erwarb die NRW-Stiftung das Fachwerkhaus und übergab es dem Verein für Bürbacher Ortsgeschichte und Heimatpflege zur Nutzung. Weitere Informationen unter:
www.buerbach.de/heimatverein