Vom Freibad zum grünen Lernort

Naturschutzzentrum Arche Noah in Menden

Naturschutzzentrum Arche Noah in Menden

Foto: Werner Stapelfeldt

Wo einst gebadet wurde, gehen heute kleine und große Forscherinnen und Forscher auf Entdeckungsreise in die heimische Natur. Das Naturschutzzentrum Arche Noah im sauerländischen Menden setzt seit fast zwei Jahrzehnten auf innovative Umweltbildung und hat damit großen Erfolg. Jetzt erhielt „die Arche“ den Heimatpreis des Landes NRW in der Kategorie „Natürliche Heimat“.

Am Anfang stand eine Beobachtung. „Wenn man am Wochenende im Wald spazieren geht, sieht man dort oft mehr Menschen mit Hunden als mit Kindern“, sagt Ulrich Hering. „Ohne Begegnungen mit der Natur bleibt sie vielen Kindern aber fremd, und damit auch der Umweltgedanke — das wollten wir ändern.“ Umweltbildung durch Erlebnispädagogik — aus dieser Philosophie heraus entstand vor 20 Jahren der Förderverein Wasser und Naturschutz Arche Noah e. V., dessen langjähriger Vorsitzender Hering ist.

2003 erhielt der Verein von der Stadt Menden im Märkischen Kreis das Gelände des stillgelegten Freibades inmitten der Natur. Und so wird dort, wo einst die Mutigen vom 10-Meter-Turm ins Wasser sprangen, heute gelernt. Weniger Spaß macht das den Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die in das Naturschutzzentrum Arche Noah kommen aber keineswegs. Denn im ehemaligen Freibad wird nicht auf trockenes Pauken gesetzt, sondern auf erlebnisorientiertes Lernen – und auch das Thema Wasser spielt weiter eine wichtige Rolle.

Mit praktischen Naturerfahrungen einen nachhaltigen Umgang mit der Umwelt zu fördern, für Ressourcen-, Klima- und Naturschutz zu sensibilisieren und damit gleichzeitig einen eigenen Beitrag zum Erreichen der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen zu leisten: So beschreibt das Arche-Team das Konzept des außerschulischen Lernorts, der Teil des Netzwerks „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) ist.

Erleben, Selbermachen und Mitmachen

Das Freibadgelände an einem ehemaligen Stausee erweist sich dazu als idealer Standort. Ein 4.500 Quadratmeter großer Teich mit eigener Unterwasser-Beobachtungsstation, Misch- und Auwald, in dem sich sogar manchmal der seltene Schwarzstorch blicken lässt, ein Bach, Blumenwiese, Bauerngarten und Sinnespfad: Auf 3,5 Hektar findet sich lebendige Natur, die zu erleben andernorts lange Wege erfordert. Um mehr über die Besonderheiten jedes einzelnen dieser Lebensräume zu lernen, gibt es spezielle Kursangebote. Alle nach dem Dreiklang aus „Erleben, Selbermachen und Mitmachen“ konzipiert. Die Macherinnen und Macher haben sich dazu passend einen Leitspruch für ihre Arbeit beim chinesischen Philosophen Konfuzius geborgt: „Sagst du es mir, so vergesse ich es. Zeigst du es mir, so merke ich es mir vielleicht. Lässt du mich teilhaben, so verstehe ich es“, lautet der Leitspruch des Vereins.

Vielfältiges Kursprogramm

Das Kursangebot ist äußerst vielfältig und richtet sich an fast alle: Es reicht vom Nistkastenbau für Insekten und Vögel bis zu Informationen über die Klimanot der arktischen Eisbären. Kurse wie „Bino die Wildbiene“, „Richard der Regenwurm“ oder „Wassermonster, jede Pfütze zählt“ führen Kita-Kinder in die lebendige Vielfalt vor ihrer Haustür ein. Jugendliche können ihren ökologischen Fußabdruck ermitteln oder etwas über erneuerbare Energien und nachhaltige Forstwirtschaft lernen, Erzieher und Lehrer finden in den Arche-Kursen das Rüstzeug für den Unterricht zu Nachhaltigkeits-Themen, etwa zu gesunder Ernährung oder ökologischem Hochwasserschutz.

Über die fast zwei Jahrzehnte als Naturschutzzentrum hat sich das Gelände des stillgelegten Freibades auch mit finanzieller Unterstützung der NRW-Stiftung zu einem ansehnlichen Natur-Erlebnis- und „Forschungszentrum“ entwickelt. In dreijährigen Umbauarbeiten wurden bis 2006 aus Umkleidekabinen Schulungsräume, aus Kiosken Büros und eine Küche, und im einstigenTechnikraum findet sich heute eine gut ausgestattete Werkstatt.

Text: Thomas Krumenacker


Der langjährige Vorsitzende des Fördervereins Wasser und Naturschutz Arche Noah e.V., Ulrich Hering, äußert sich zur Entwicklung des über 20 Jahre laufenden Projekts: Umweltbewusstsein in Zeiten des Klimawandels und die Zukunftspläne für die Arche.
 

Ihr Verein betreibt seit zwei Jahrzehnten Umweltbildung und ist dafür vielfach ausgezeichnet worden, zuletzt in diesem Sommer mit dem Heimatpreis des Landes NRW. Was zeichnet Ihr Konzept aus? Bei uns gibt es keinen Frontalunterricht. Egal, ob mit Kita-Kindern, Schülerinnen und Schülern oder in der Lehrerfortbildung: Alle erarbeiten die Inhalte ihrer Kurse selber. Wir leiten an, aber alle Erkenntnisse werden in den Gruppen durch konkretes eigenes Tun und Erfahren gewonnen. Nur so können Aha-Erlebnisse entstehen, die über die Dauer der Kurse hinausreichen und zu einem umweltbewussteren Verhalten im normalen Leben führen. Bei uns findet man keinen erhobenen Zeigefinger, verbunden mit der Botschaft: So musst du das machen. Diese Erkenntnisse entwickelt bei uns jede und jeder für sich selbst.

Ihr Konzept setzt stark auf die direkte Begegnung miteinander und mit der Natur. Das war in den vergangenen Monaten oft nicht möglich. Wie sind Sie durch die Corona-Krise gekommen? Das ist natürlich eine schwere Zeit auch für uns. Finanziell ist es ein Desaster, denn über einen langen Zeitraum hinweg hatten wir bis auf wenige Ausnahmen keine Einnahmen. Wir haben diese Zeit aber auch dazu genutzt, um aus Teilen unseres Programms Online-Angebote für Schulen zu entwickeln. Viele Inhalte haben wir so umgearbeitet, dass man sie auch zuhause oder in der Schulklasse nutzen kann. Jetzt, wo auch in NRW viele Schulen endlich wieder nach draußen drängen, können wir uns allerdings vor Arbeit kaum retten. Unser neues Angebot wird bombig angenommen und wir freuen uns sehr darüber.

Sie überblicken zwei Jahrzehnte der Umweltbildung. Hat sich in Sachen Umweltbewusstsein und Naturschutz etwas gewandelt? Eindeutig ja. Wir spüren einen deutlichen Rückenwind für unsere Arbeit. Das Bewusstsein für die Bedeutung von Umwelt- und Naturschutz ist viel größer geworden. Nachhaltige Entwicklung, die Bewahrung der natürlichen Vielfalt, ein nachhaltiger Umgang mit Wasser: das sind die Themen, die wir weitergeben wollen und diese Inhalte kommen an.

Hat das auch etwas mit den immer spürbarer werdenden Folgen des Klimawandels zu tun? Ja, der Klimawandel und die damit zusammenhängenden Themen – seine Auswirkungen auf Lebensräume, Pflanzen und Tiere oder Aspekte wie der ökologische Hochwasserschutz – das sind auch für uns jetzt mit die wichtigsten Themen. Auch die Schulen sind hier sehr aktiv und benötigen Angebote. Das Wichtigste ist aber: Vor allem Kinder und Jugendliche sind sehr interessiert und wissbegierig bei diesem Thema. Viele Erwachsene sind dagegen noch spürbar zurückhaltender als die Jüngeren.

Haben Sie Pläne für die Zukunft? Jede Menge natürlich. So arbeiten wir gerade daran einen 2,5 Kilometer langen „Eichhörnchen- und Klimapfad“ mit 12 Stationen im gleich an unser Gelände angrenzenden Wald zu verwirklichen. Da setzen wir auf moderne Mittel wie QR-Codes, aber auch ein Begleitheft und ein Quiz soll es leicht machen, Spaß zu haben und dabei zu lernen. Persönlich arbeiten meine Frau und ich daran, langsam in die zweite Reihe zu rücken. Wir bleiben dem Förderverein im Ehrenamt erhalten, aber wir wollen in unserem Alter langsam sehen, dass wir anderen den Vortritt lassen.

Blickpunkt

Für seine innovative Arbeit erhielt die Arche zahlreiche Preise. Gerade wurde sie mit dem Heimatpreis des Landes NRW in der Kategorie „Natürliche Heimat“ ausgezeichnet. Im vergangenen Jahr erhielt die Arche den #beebetter-Award für ihr Wildbienen Programm. Auch eine Auszeichnung als vorbildliche Initiative durch die UN-Dekade zur Biologischen Vielfalt fehlt nicht in der Sammlung.
www.arche-menden.de