We need Moor!

NSG Immerkopf im Oberbergischen Kreis

Schafherde

Foto: Biologische Station Oberberg

Moore mit wachsenden Torfmoospolstern entwickeln sich normalerweise nur dort, wo viel Niederschlag fällt und das Wasser weder versickern noch abfließen kann. Im Bergischen Land gibt es solcheVegetation aber auch an leicht geneigten Berghängen. Die „Moore in Schieflage“ brauchen tonige, extrem nährstoffarme Böden in enger Nachbarschaft zu flächigen Sickerquellen. Der Podcast der NRW-Stiftung mit dem Titel „Förderbande“ stellt den ungewöhnlichen Lebensraum in einem neuen Beitrag vor. Dafür hat die Journalistin Marija Bakker die Fachleute der Biologischen Station Oberberg interviewt und war mit ihnen am Immerkopf im Oberbergischen im Gelände. 

 


Christine Wosnitza, stellvertretende Geschäftsführerin der Biologischen Station Oberberg, bekommt nach wie vor leuchtende Augen, wenn sie von ihren Begehungen der Hangmoore berichtet: „Das ist einfach faszinierend – der kleinflächige Wechsel aus Bruchwald und offenen Feuchtflächen beschert einem immer wieder spannende Entdeckungen!“ Die engagierte Biologin kennt das Gebiet seit über 30 Jahren. Begeistert und fachkundig erzählt sie, wie das fast vergessene Kleinod wiederentdeckt, gesichert und durch gezielte Pflegemaßnahmen bis heute erhalten wurde. Dabei erfahren die Hörerinnen und Hörer auch, wieviel Geld die NRW-Stiftung bereitgestellt hat, welche Rolle ein Flurbereinigungsverfahren dabei spielte und dass frühere bäuerliche Nutzungsformen imitiert werden müssen, um die Hangmoore in einem guten Zustand zu erhalten.   

Not machte erfinderisch 

Das Projekt gehörte zu den ersten großen Fördermaßnahmen der NRW-Stiftung. Gemeinsam mit der Biostation gelang es, die Entwässerung, den Wegebau und eine ungehemmte Aufforstung zu beenden und die Moor-Reste zu regenerieren. Auch in Zukunft möchte die Stiftung Flächen zukaufen und diese in das Entwicklungskonzept der Hangmoore einbeziehen.

Obwohl der Immerkopf auf Besucher und Besucherinnen einen urwüchsigen Eindruck macht, gibt es an vielen Stellen Spuren der früheren Nutzung. Bis ins 20. Jahrhundert holte die bäuerliche Bevölkerung hier Strohersatz aus dem Wald: Man hackte torfige oder von Zwergstäuchern bewachsene Bodenplaggen vom stau­nassen Tonböden ab, ließ sie trocknen und brachte sie anschließend als Einstreu in die Viehställe. Roggenstroh war dafür viel zu kostbar, denn es wurde zum Dachdecken oder als Winterfutter gebraucht. Wenn die Plaggen mit den Ausscheidungen des Stallviehs angereichert waren, kamen sie als Dünger auf die Äcker.  


Sumpfbärlapp und Sonnentau brauchen Lücken 

Durch das Abplaggen verhinderte man gleichzeitig, dass die Hangmoore mit Gehölzen zuwuchsen. Sobald sich die Vegetation regeneriert hatte, ließ man Schafe über die Flächen ziehen, die den spärlichen Aufwuchs abweideten. Das regelmäßige Entblößen des nassen Bodens schuf ideale Keimbedingungen für konkurrenzschwache Moorpflanzen, die in einem geschlossenen Wald keine Chance gehabt hätten. Wollgräser, Moorlilie, Sonnentau und Sumpfbärlapp sind nur einige Beispiele für die besondere Flora der Hangmoore und ein wichtiger Grund für die Unterschutzstellung der Immerkopf-Hänge im Jahr 1994. Die alte bäuerliche Nutzung wird heute durch gezielte Pflege ersetzt. Unter der Anleitung der Biostation wird die verfilzte Grasnarbe wie früher mal hier und mal dort abgeplaggt und der nackte Boden freigelegt. In anderen Bereichen werden regelmäßig Schafe über die Fläche geschickt, welche die Zwergsträucher „rasieren“ sollen. Das kleinflächige Mosaik aus unterschiedlichen Vegetationsstadien sichert auf diese Weise die speziellen Ansprüche einer ganzen Reihe empfindlicher Moorpflanzen.
Text: Günter Matzke-Hajek

 

Der Immerkopf und sein Hang zum Quatschen: 
Zum Podcast
 

Blickpunkt

Die NRW-Stiftung erwarb zwischen 1988 und 2003 insgesamt 64 Hektar Hangmoore und Bruchwälder im NSG Immerkopf bei Wiehl und wei­tere Flächen im NSG Kupferberg bei Wipperfürth. Seit 1989 pflegt und entwickelt die Biologische Station Oberberg e. V. die ihr anver-trauten Lebensräume. Auch zum Aufbau einer Schafherde, die für die Landschaftspflege im Oberbergischen eingesetzt wird, gab die NRW-Stiftung einen Zuschuss.