Mit seiner großen Schüssel lauscht er ins weite All, betreut von ehrenamtlichen Kräften, die in der Astronomie versiert sind: der Astropeiler auf dem Stockert in der Eifel. Ihm selbst genügen zur Erledigung seiner Aufgaben sehr geringe Anteile am Universum. Drei Hektar im nordrhein-westfälischen Sektor des Planeten Erde bieten Platz genug, um außer der imposanten 25-Meter-Parabolantenne noch mehrere Nebengebäude sowie einen separaten Zehn-Meter-Spiegel aufzunehmen, von den geschützten Pflanzen auf den Freiflächen ganz abgesehen. Mit dem Blick auf diese irdische Basis himmlischer Perspektiven setzen wir unsere Serie über Baudenkmäler im Eigentum der NRW-Stiftung fort.
Die Insolvenz eines Privatunternehmens machte den Weg frei: Im Juni 2005 beschloss die NRW-Stiftung, das 33.000 Quadratmeter große Gelände des Astropeilers mitsamt den darauf stehenden Gebäuden zu erwerben. Das Ensemble sollte als authentischer Ort großer Technikgeschichte bewahrt und öffentlich zugänglich gemacht werden. Kooperationspartner waren dabei ein für den Peiler bereits seit einem Jahrzehnt hoch engagierter Verein sowie die Stadt Bad Münstereifel. Der Kaufpreis blieb überschaubar, hingegen erforderten die notwendigen Sanierungen in den folgenden Jahren Mittel in Millionenhöhe. Immerhin musste auf dem Stockert eine denkmalgeschützte Stahlbetonpyramide in ungewöhnlicher Achteckform für die Herkulesaufgabe fit gemacht werden, noch jahrzehntelang einen riesigen Antennenaufbau mit Dreh- und Kipptechnik zu tragen. Die Antenne selbst benötigte einen wirksamen Korrosionsschutz. Und natürlich waren die anderen Einrichtungen auf dem Areal – Messgebäude, Werkstätten, Seminarräume sowie das zum kleinen Zehn-Meter-Spiegel gehörige „Sonnenhaus“ – ebenfalls nicht außer Acht zu lassen.
Zurück in die Zukunft
Der Astropeiler war das erste freibewegliche Radioteleskop Deutschlands. Es stand ab 1956 rund ein Jahrzehnt lang unter der Federführung der Universität Bonn, unter deren Fittiche es – nach zwischenzeitlicher Übernahme durch das Max-Planck-Institut – 1978 auch wieder zurückkehrte. Sechs Jahre zuvor war allerdings das nahe Radioteleskop Effelsberg in Betrieb gegangen, dessen gut abgeschirmte Hundertmeter-Schüssel die Leistung des Peilers weit übertraf. Dieser durchlief daher nur noch einmal ein mehrjähriges Forschungsprogramm und diente danach bis 1993 primär als Praxisort für studentische Ausbildungsprojekte. Vier Jahre später schien seine Zeit als funktionsfähiges Technikdenkmal dann sogar endgültig abzulaufen, denn das Gelände wurde jetzt an eine Firma verkauft, die Audiosysteme für elektronische Musik herstellte. Ihr diente die Pyramide mit der Parabolantenne, die eigentlich Daten zur Strahlung aus der Milchstraße und anderen Galaxien hätte sammeln sollen, vor allem als effektvolle Kulisse für Musikevents.
Allerdings: Schon 1996 wurde das historische Radioteleskop unter Denkmalschutz gestellt, und gleichzeitig gründete sich der „Förderverein Astropeiler Stockert“, der für die Wiederbelebung des gesamten Komplexes eintrat. Aufgrund einer Vereinbarung mit der damaligen Eigentümerfirma erhielt der Verein damals beschränkten Zugang zu der Zehn-Meter-Antenne, die 1965 speziell für solare Beobachtungen errichtet worden war und daher Sonnenspiegel genannt wurde. Die Vereinsaktivitäten unterstrichen so von Anfang an: Anders als bei Fabriken, die sich in Theater verwandeln, oder Klöstern die zu Kunstmuseen werden, durfte die Formel vom Erhalten durch Nutzen im Falle des Astropeilers nicht auf völlig neue Pfade führen. Gemäß der antiken Weisheit „Werde, was du bist“, ließ er sich nur durch das direkte Anknüpfen an seine zukunftsweisende Vergangenheit wieder zu vollem Leben erwecken.
Engagiertes Knowhow
Dass der Astropeiler vier Jahre später wiedereröffnet werden konnte und sich seitdem des Ruhms erfreut, das größte von Amateurastronomen betriebene Radioteleskop der Welt zu sein, ist das Verdienst seines unermüdlich engagierten und technisch versierten Unterstützervereins. Die Ansprüche sind hoch: Im Messbetrieb setzt das Team auf intensiven Austausch mit wissenschaftlichen Instituten, nicht zuletzt mit dem Teleskop in Effelsberg, das längst vom Konkurrenten zum Partner geworden ist. Aber auch als Standort für praxisnahe außerschulische Lernerfahrungen und als Attraktion für das Publikum bei sonntäglichen Führungen erfüllen die drei außergewöhnlichen Hektar im Sektor NRW höchste Maßstäbe. Vom Förderverein der Nordrhein-Westfalen-Stiftung gab es dafür den WegWeiser-Preis 2021.
Text: Ralf J. Günther
Blickpunkt
Zu den Baudenkmälern im Eigentum der NRW-Stiftung gehören außergewöhnliche Monumente der Kultur-, Industrie- und Wissenschaftsgeschichte – vom Schloss bis zur Sternwarte. Der Astropeiler wurde im Jahr 2005 erworben. Deutschlands ältestes bewegliches Radioteleskop konnte so auf ehrenamtlicher Basis wieder der astronomischen Forschung und darüber hinaus der öffentlichen Wissensvermittlung zur Verfügung gestellt werden.
www.astropeiler.de
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