Die Westernkötter Wasser- und Wohnmühle

Reihe: Baudenkmäler im Eigentum der NRW-Stiftung

Foto: Stefan Ast

Foto: Stefan Ast

Die Nordrhein-Westfalen-Stiftung fördert als Partnerin ehrenamtlicher Initiativen Natur-, Heimat- und Kulturprojekte in allen Regionen des Landes. Dabei ist sie schon mehrfach Eigentümerin bedeutender Bauwerke geworden, um diese für die Öffentlichkeit zu bewahren und für neue Nutzungskonzepte zu ertüchtigen. In unserer Serie zu diesem Thema geht es dieses Mal um eine Wassermühle, die nicht nur von Mühlsteinen und Mahlgängen, sondern auch vom Mobiliar der Müllerfamilie zu berichten weiß.

Der Weg führt uns nach Bad Westernkotten, seit 1975 Ortsteil der Stadt Erwitte im Kreis Soest und zugleich staatlich anerkanntes Heilbad. Letzteres ist vor allem der Salzsiederei zu verdanken, die hier im Hellwegraum schon vor Jahrhunderten betrieben wurde. Die riesigen Gradierwerke, mit denen man die Sole konzentrierte, um beim Siedeprozess Brennholz zu sparen, erzeugten in ihrem Umfeld ein Salzklima, das von vielen Menschen als heilsam für die Atemwege emp-funden wird. Daher entwickelten sich nicht wenige alte Salinenstandorte früher oder später zu Kurorten.

Der Wasserfall von Westernkotten

Wie nicht anders zu erwarten, verschickten die Kurgäste aus Bad Westernkotten im Laufe der Zeit unzählige Ansichtskarten, von denen einige ältere Exemplare mit einem ausdrücklichen Hinweis auf einen „Wasserfall“ als touristische Attraktion überraschen. Tobten irgendwo in Westernkotten vormals etwa schäumende Wassermassen über schroffe Felswände tief zu Tal? Nun, in Wirklichkeit ging es um die sogenannte Schäferkämper Wassermühle und den Osterbach, der sie antrieb und dabei einige Meter Fallhöhe zu überstehen hatte. Paradox allerdings, dass ausgerechnet der Fremdenverkehr, zu dessen Ankurbelung die Mühle als friedliches Postkartenmotiv beitragen sollte, auf die Dauer beinahe ihr Verhängnis geworden wäre. Ihre letzte private Besitzerin sorgte sich jedenfalls nicht ohne Grund, dass die historische Anlage nach ihrem Tod in ein Ausflugsrestaurant oder Ähnliches verwandelt werden könnte.

Um der befürchteten Entwicklung einen Riegel vorzuschieben, vermachte Lina Tiemann, so der Name der Besitzerin, die zugleich die letzte Müllerstochter war, das Mühlengelände testamentarisch der Mutter Teresa-Ordensstiftung. Der Schachzug missglückte allerdings, da die Stiftung sich außerstande sah, die Liegenschaft zu übernehmen. Nur wenige Monate nach dem Tod Lina Tiemanns im Jahr 1989 wurde daher die Suche nach Kaufwilligen eröffnet. Zum Glück griffen nun jedoch die „Heimatfreunde Bad Westernkotten“ ein. Ihr Plan war es, der alten Wassermühle zu einer neuen Zukunft als Museum und Begegnungsstätte zu verhelfen. Die NRW-Stiftung entschloss sich, die Umsetzung dieser Idee zu ermöglichen, indem sie das inzwischen unter Denkmalschutz stehende Bauwerk 1991 käuflich erwarb. Der Erfolg sprach für sich: Nach der bereits drei Jahre später abgeschlossenen Sanierung entwickelte sich die Mühle rasch zu einem vielbesuchten Ziel für historisch und technisch Interessierte.

Das Wohnen ist des Müllers Lust

Die Schäferkämper Wassermühle wurde im Jahr 1748  mit landesherrlicher Genehmigung durch den Kurfürsten von Köln erbaut. Erster Mühlenherr war der Graf von Kaunitz-Rietberg, der sich vor dem Start des Unternehmens sorgfältig vergewisserte, dass ausreichend viele Ackerbürger den Mühlenzwang erfüllen würden, sich also verpflichteten, ihr Getreide ausschließlich in der neuen Anlage mahlen zu lassen, um deren Wirtschaftlichkeit zu gewährleisten. Fast zweihundert Jahre blieb die Mühle von da an in Betrieb, bis sie im Jahr 1933 stillgelegt wurde. Da es in der Folge zu keinen erheblichen Änderungen an der technischen Einrichtung kam, war diese bei der Sanierung Anfang der 1990er Jahre zwar in einem maroden, aber authentischen Zustand.

Heute präsentiert sich das vierstöckige Mühlenhaus bei einem Besuch wie eine Art begehbares Bilderlexikon, das zu jedem Fachbegriff sofort das entsprechende Objekt anschaulich vor Augen führt: Lichtewerk, Sichter, Rüttelschuh, Transmission, Becher-Elevator – wer mehr wissen möchte, sollte einen Ausflug nach Bad Westernkotten einplanen, Führungen finden jeden Samstag statt, Voranmeldung nicht erforderlich. Der besondere Clou: Außer der historischen Technik ist auch der Wohnbereich der Müllerfamilie mit Küche, Stube und Schlafraum zu sehen, die Einrichtung entspricht dabei dem Zustand von vor etwa hundert Jahren, teilweise unter Verwendung des originalen Mobiliars. Ein vergleichbares Nebeneinander von Wohnung und Mahlwerk unter einem Dach ist in dieser Vollständigkeit selten zu finden.

Text: Ralf J. Günther

Blickpunkt

Die NRW-Stiftung erwarb die Schäferkämper Wassermühle 1991 auf Antrag der „Heimatfreunde Bad Westernkotten e. V.“, denen sie unter Auflagen zur Nutzung überlassen wurde. Die Sanierung geschah weitgehend in Eigenarbeit. Die Neueröffnung erfolgte 1994. Die Mühlenanlage ist bei samstäglichen Führungen öffentlich zugänglich. Notwendige Reparaturmaßnahmen wurden von der NRW-Stiftung ebenfalls gefördert.
www.heimatverein-badwesternkotten.de