Bunte Flaggen am Wegesrand

Schmetterling des Jahres 2025

Foto: blickwinkel/W. Willner

Foto: blickwinkel/W. Willner

Jedes Jahr kürt die Arbeitsgemeinschaft Rheinisch-Westfälischer Lepidopterologen e. V. gemeinsam mit der NRW-Naturschutzstiftung des BUND einen „Schmetterling des Jahres“. Damit werben sie für den Schutz der heimischen Faltervielfalt und rufen Naturinteressierte auf, eigene Beobachtungen mitzuteilen, um so die Datengrundlage für den Insektenschutz zu verbessern. Aktuell fiel die Wahl auf die „Spanische Flagge“ (Euplagia quadripunctaria), eine Vertreterin der Bärenspinner. 

Beide genannten deutschen Namen sind etwas rätselhaft: Die Farben der spanischen Staatsflagge, Gelb und Rot, lassen sich in den Dessous des Falters zwar finden, aber das Schwarz-Weiß der Vorderflügel ist dem spanischen Banner fremd. Der Name war allerdings früher für zwei weitere Arten in Gebrauch. Möglicherweise liegt eine Verwechslung vor und der Falter segelt heute quasi unter falscher Flagge. Auch der „Russische Bär“ passt nicht recht. Einen Schwerpunkt in Osteuropa hat die Art nämlich nicht, und der braune Bärenpelz der Raupe ist wegen eines hellen Rückenstreifens, rotbrauner Warzen und weißer Pünktchen ziemlich fadenscheinig. Zutreffend ist eigentlich nur der wissenschaftliche Name „Quadripunctaria“, zu deutsch: die mit den vier Punktreihen. Gemeint sind schwarze Punkte auf dem Hinterleib, die an die Knopfleiste einer Uniform erinnern und bei abgespreizten Vorderflügeln zu sehen sind. Dann blitzt auch das grelle Rot der Hinterflügel auf. Vielleicht war ja diese Farbkombination Anlass für das Attribut „Russisch“: In der russischen Zarenzeit besaßen manche dunklen Waffenröcke mit weißen Schärpen über einer roten Weste ganz ähnliche Farben. 
 

Einfach zu deuten ist dagegen die ökologische Funktion der rot-schwarzen Hinterflügel. Auf potenzielle Feinde, vor allem auf insektenfressende Vögel, wirkt das Marienkäfer-Muster abschreckend. Der Falter soll widerwärtig schmecken und unbekömmlich sein. Vögel haben für entsprechende Erfahrungen ein gutes Gedächtnis.

Lange Zeit war die Art in Nordrhein-Westfalen nur im Hügelland verbreitet. Im Lauf der vergangenen 25 Jahre ist sie deutlich häufiger geworden und hat sich zugleich weiter nach Norden ausgebreitet. Der Falter gilt als Klimagewinner. Auch Gebiete, die sich im Eigentum der NRW-Stiftung befinden, beherbergen das Schmuckstück. Linksrheinisch ist „Quadripunctaria“ vor allem in der Eifel verbreitet, rechtsrheinisch im Bergischen Land und dem Siebengebirge. Richtung Niederrhein und Westfalen sind die Funde spärlicher. Da die Spanische Flagge nach EU-Recht zu den streng geschützten Arten gehört, hat sie eine günstige Perspektive.

Text: Günter Matzke-Hajek