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Nachrichten aus dem Neandertal

Turm, Glas und Spitzen

Die Evolution kennt keinen Stillstand – das Museum zur Evolution der Menschheit in Mettmann kennt ihn auch nicht. Drei Nachrichten über Wissensvermittlung, Nachhaltigkeit und Forschung im Neandertal unterstreichen das.

Was die Wissensvermittlung betrifft, so ist hier von einer Maßnahme auf besonders hohem Niveau die Rede: Ein neuer Erlebnisturm erlaubt es Neugierigen erstmals, die Lage der legendären Feldhofer Grotte nachzuempfinden, in der 1856 die Fossilien der Neandertaler entdeckt wurden. Ursprünglich 22 Meter hoch über dem Tal fiel diese Grotte schon im 19. Jahrhundert dem gewerblichen Kalksteinabbau zum Opfer. Der neue „Höhlenblick“ bietet nun bereits beim Emporklimmen Audioinformationen und präsentiert auf seiner Plattform tastbare Knochenreplikate, ein 360-Grad-Video zur Fundhöhle sowie digitale Fernrohre mit Ausblicken in die Steinzeit. Das Erklimmen ist übrigens nicht wörtlich zu nehmen: Gegenläufige Rampen von insgesamt 360 Metern Länge erlauben den barrierefreien Aufstieg bis unter die riesige Schädeldecke, die als Kuppel über dem Gerüstturm schwebt.

Anders als der Ende 2022 eingeweihte Erlebnisturm ist das Gebäude des Neanderthal Museums, das der NRW-Stiftung gehört, bereits über ein Vierteljahrhundert alt. An seiner Glasfassade stehen daher Sanierungen an, die durch die Integration von Photovoltaikelementen zugleich einen Beitrag zur energetischen Nachhaltigkeit leisten sollen. Das Architekturbüro, dem der Entwurf des Bauwerks zu verdanken ist, hat seine Zustimmung gegeben.

Spitzenforschung

Für Spitzenforschung ist das Neanderthal Museum international bekannt. Grund genug, den Begriff auch einmal wörtlich zu nehmen. Der Archäologe Robin John untersucht im Rahmen seiner Promotion an der Uni Köln, ob und wie bestimmte steinzeitliche Typen von Pfeil- und Speerspitzen über die Jahrtausende hinweg – möglicherweise in Reaktion auf Umweltveränderungen – ihre Formen gewandelt haben. Die Auswertung erfolgt unter Einsatz einer Spezialsoftware. Ermöglicht wird das Projekt durch das Helga-Raddatz-Stipendium. Die Namensgeberin ermöglicht mit einer großzügigen Schenkung an die NRW-Stiftung neue Projekte rund um das Neandertal.

Ein Forum für Fritz Bauer

Selbst bedeutende Juristen werden selten in Literatur, bildender Kunst und Film geehrt. Auf Fritz Bauer trifft all das jedoch zu. Der hessische Generalstaatsanwalt wurde berühmt, weil er zur Festnahme des NS-Verbrechers Adolf Eichmann beitrug, weil es ohne ihn die Frankfurter Auschwitz-Prozesse nicht gegeben hätte und weil er den Widerstandskämpfern vom 20. Juli zu rechtlicher Würdigung verhalf. Dem Gedenken an Fritz Bauer widmet sich die Bochumer BUXUS Stiftung, deren Name auf den Buchsbaum als Symbol für Widerstandskraft unter extremen Lebensbedingungen anspielt. Die 2013 gegründete Stiftung errichtet auf dem Zentralfriedhof Freigrafendamm in Bochum-Altenbochum das „Fritz Bauer Forum“ als Zentrum für Menschenrechte. Dabei soll die denkmalgeschützte Trauerhalle-Ost mit der Fritz-Bauer-Bibliothek zum interaktiven Lernort werden. Die NRW-Stiftung fördert das Projekt, wodurch ein internationaler Ort der Begegnung, Erinnerung und Demokratie entsteht.

Rund um den Weinberg: Ramholz und Co. im Siebengebirge

An den bewaldeten Rheinhängen des Siebengebirges findet man bis heute Rotbuchen, die sich schon in Brusthöhe verzweigen und die dadurch an alte Kopfweiden erinnern. Der Grund: Die Winzer kappten die Buchen früher etwa alle zwölf Jahre. Die aufstrebenden Seitenäste – Ramhölzer genannt – hatten dann genau die richtige Dicke, um sie als Pfähle zum Anbinden der Weinreben zu benutzen. Neben den Rebpfählen holten die Winzer beispielsweise auch Steine zum Terrassieren der Hänge, Anbindematerial und Dünger für den Weinberg aus der Umgebung. All diese Hilfsmittel erforderten Nutzflächen, die weit größer waren als die Rebhänge selbst. Die Biologische Station des Rhein-Sieg-Kreises e. V. erforscht solche kulturhistorischen Spuren in einem interdisziplinären Projekt. In Kooperation mit dem Siebengebirgsmuseum der Stadt Königswinter werden die Ergebnisse in einer Sonderausstellung präsentiert. Obendrein sollen ein Buch und ein Themenwanderweg entstehen, der die Ramholznutzung erlebbar macht. Die NRW-Stiftung stellt dafür 60.000 Euro zur Verfügung.