Spenden

Vollendet in Licht und Farbe

Schloss Drachenburg im Siebengebirge wird oft als „rheinisches Neuschwanstein“ gerühmt. Doch auch als lichterfüllte Walhalla des Rheinlands entfaltet das Meisterwerk des Historismus nun wieder all seine Pracht.

Schloss Drachenburg, erbaut vom Finanzfachmann Stephan von Sarter, schmückt das Siebengebirge seit 1884 – ein steinernes Märchen, das in Architektur und Ausstattung noch einmal die Rheinromantik des 19. Jahrhunderts mit ihrem historischen Pathos und ihrem Überschwang für eine einzigartige Flusslandschaft beschwor. Entscheidende Impulse hatte diese Begeisterung einst durch englische Reisende erhalten, allen voran durch den Dichter Lord Byron und den Maler William Turner. Von geradezu märchenhafter Folgerichtigkeit erscheint es daher, dass im 21. Jahrhundert ein Engländer wesentlich zur Wiederherstellung der farbigen Drachenburgfenster beitrug: Mit einem erheblichen finanziellen Vermächtnis unterstützte Douglas George Leicester aus Brighton, der den Rhein geliebt hatte, 2014 die NRW-Stiftung als Eigen­tümerin des Schlosses.

Die originalen Glasscheiben der Drachenburg wurden im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört. Bei der Wiedereröffnung im Jahr 2010 musste sich die sogenannte Kunsthalle daher weitgehend mit schlichtem Milchglas begnügen. Dass letzteres den Ausblick ins Rheintal nicht erlaubte, wunderte viele, doch die Denkmalpflege wollte so unterstreichen: Der Raum war nie als Aussichtssaal konzipiert worden. Die Blicke waren hier immer zu den Fenstern selbst gewandert, die ursprünglich als Porträtgalerie bedeutender Persönlichkeiten bewundert werden wollten – als gläserne Walhalla gewissermaßen, die anders als der bayerische Ruhmestempel an der Donau nicht auf bleichen Marmor, sondern auf Licht und Farbe setzte. Leider ließ der Krieg von der aufwendigen Glaskunst nur das kleinere Bildnis des Dichters Ludwig Uhland übrig, und jahrzehntelang gab es keinen Gedanken an die NRW-Stiftung, an Mr. Leicester aus England und an die anderen Menschen, die mit ihren Spenden schließlich die Rückkehr der früheren
Pracht ermöglichten.

Fahndungssache Venus

Das Programm der Kunsthalle umfasst Persönlichkeiten aus Kunst, Musik, Geschichte, Wirtschaft und Technik, von denen einige bei Erbauung der Drachenburg sogar noch lebten, etwa der Komponist Giuseppe Verdi. Zum Reigen gehören überdies Herrscherinnen wie Elizabeth I. von England oder Luise von Preußen. Diese Vielfalt erlaubte es Spenderinnen und Spender ihr Engagement und ihr persönliches Interesse eng miteinander zu verknüpfen, was zu einigen emotionalen Momenten führte, wie sich der Geschäftsführer der NRW-Stiftung Stefan Ast gerne erinnert – etwa als Richard Wagner im Beisein des Spender-Ehepaars zu Lohengrin-Klängen seinen alten Platz wiederfand. Gefertigt wurde das Wagnerfenster wie alle anderen von der „Mayer’schen Hofkunstanstalt“ in München. Sie hatte 1939 die „Königlich Bayerische Hofglasmalerei Franz Xaver Zettler“ übernommen, die Herstellerin der Originale. Authentische Rekonstruktionen waren so gesichert.

Nachdem 2015 mit der Rückkehr der „nordischen“ Maler Dürer, Rubens und Rembrandt ein erster großer Schritt getan war, schloss sich der Kreis im Dezember 2022 mit drei Malern des Südens: Raffael, Michelangelo und Murillo komplettieren seitdem die Fenster der Kunsthalle. Trotzdem bleiben noch Aufgaben, wie Tanja Bleutgen-Wagner, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Drachenburg, berichtet: Die Halle beherbergte früher auch Ölgemälde sowie drei lebensgroße Bronzefiguren der Göttin Venus. Im Sinne des ursprünglichen Raumeindruckes arbeitet das Schloss bereits an einer Rekonstruktion der aufwendigen Holzpodeste für diese Skulpturen. Parallel dazu läuft die Fahndung nach den in den 1930er Jahren veräußerten Originalplastiken oder – ersatzweise – nach identischen Venusfiguren.