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Update: Projekte nach der Flut

Fast fünfzig Todesopfer allein in NRW, zerstörte Häuser und Straßen – die Flutkatastrophe vom Juli 2021 hatte verheerende Folgen. Auch zahlreiche Förderprojekte der NRW-Stiftung wurden von den Wassermassen schwer beschädigt. Die Stiftung reagierte mit Soforthilfen im Umfang von einer Million Euro, hinzu kam die Initiative ihres Fördervereins, dessen Mitglieder binnen weniger Wochen 200.000 Euro spendeten. Auf welche Weise konnte mit dem Geld geholfen werden? Für eine Gesamtbilanz ist es noch zu früh. Doch Beispiele zeigen, dass Spendenbereitschaft und tatkräftiges Engagement ihre Wirkung entfalten.

„Es war ein großes Glück, dass die NRW-Stiftung so schnell und unkompliziert Gelder zur Verfügung gestellt hat, um die Hochwasserschäden zu beseitigen“, sagt Anna Gerhard von der „Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur“. Sie spricht von den Schäden am Ahe-Hammer, der im märkischen Sauerland zwischen Herscheid und Werdohl liegt. Der Name des Industriedenkmals leitet sich von der Schwarzen Ahe ab, einem kleinen Wasserlauf im Flusssystem von Verse, Lenne und Ruhr. Früher wurde hier ein leicht formbares Zieheisen produziert, der sogenannte Osemund, dem Städte wie Lüdenscheid, Altena und Iserlohn den Aufstieg zu Zentren der Drahtfabrikation verdanken.

Der Ahe-Hammer, der historische Technik aus der Zeit von 1884 bis 1941 birgt, war soeben dabei, in eine neue Zukunft als Publikumsattraktion zu starten, da brach die Flut herein. Anna Gerhard: „Wir hatten die Restaurierung des Denkmals gerade abgeschlossen, als die Unwetterkatastrophe kam. Alles wurde überschwemmt; der Lehmputz löste sich vom Mauerwerk, Schlamm setzte sich im ganzen Gebäude und überzog die Ausstattung“. Umso erfreulicher, was sich inzwischen berichten lässt: „Zusammen mit dem Förderverein Osemunddenkmal Ahe-Hammer Herscheid/Werdohl e.V. und der Unterstützung der NRW-Stiftung konnten wir das wertvolle Technikdenkmal wieder herrichten.“

Vor dem Einsturz bewahrt

Überaus hart wurde die Stadt Bad Münstereifel von der Flut getroffen, wo die NRW-Stiftung das Museum in der historischen Schwanen-Apotheke schon mehrfach gefördert hat. Die tobende Erft richtete hier schlimme Zerstörungen an. Doch rund neun Monate später schreitet die Restaurierung voran. „Das Fachwerkgebäude konnte vor dem drohenden Einsturz bewahrt werden. Wichtige Bereiche der Infrastruktur wie Heizung und Stromversorgung stehen wieder zur Verfügung. Dank der Ersthilfe durch die NRW Stiftung war es möglich, Finanzierungsprobleme aufzufangen.“ So beschreibt es Günter Kirchner, der Vorsitzende des „Förderkreises für Denkmalpflege in der Stadt Bad Münstereifel e.V.“, fügt aber hinzu: „Leider sind die Kosten deutlich höher, als zunächst geschätzt worden ist.“

Die Sanierung wird von Oliver Zahn vom „Büro für Beratung und Planung – Restaurierung in der Denkmalpflege“ fachlich begleitet: „Durch die Überflutung des Museums war der Ausbau der hölzernen Raumausstattung in der sogenannten Offizin (Verkaufsraum) der historischen Apotheke unumgänglich. Dabei wurden auch historische Tapeten entdeckt, freigelegt und in situ konserviert.“ Der spannende Fund zeigt, dass selbst Rettungsmaßnamen, die sich niemand gewünscht hat, neue Perspektiven eröffnen können: „Das Museum wird so zukünftig die Gestaltung eines Apothekenraumes seit der Zeit um 1800 bis in das späte 20. Jahrhundert präsentieren können.“

Die Wiederherstellung flutgeschädigter Kulturstätten ist eine außerordentliche Herausforderung, der sich die Förderprojekte der NRW-Stiftung mutig gestellt haben. Das Kuratorium des Balkhauser Schleifkottens, der von der Wupper überflutet wurde, bringt dabei eine vielerorts gemachte Erfahrung auf den Punkt: „Unzählige Hände haben das scheinbar Unmögliche machbar werden lassen, und wir bedanken uns bei jedem Helfer, der uns finanziell und mit Tat unterstützt hat.


Dorftreff im Tempelhaus

Denkmal in Kalletal

Vom Sanierungsfall zum Vorzeigeobjekt: Als Heiligtum diente den Menschen das Tempelhaus in Talle im Kreis Lippe wohl nie. Neuerdings taugt der einstige „Schandfleck“ jedoch zum ansehnlichen Treffpunkt in der Dorfmitte. Das Tempelhaus soll sich als Anlaufstelle für alle Belange der Dorfgemeinschaft etablieren. Zurückzuführen ist der ungewöhnliche Name des Fachwerkgebäudes offenbar auf das Wort „Timpken“. Es bedeutet Zipfel und spielt auf die Lage des Hauses auf einem Grundstückszipfel an. Dieser Zipfel und das darauf stehende Baudenkmal beschäftigen die Menschen in Talle seit vielen Jahren. Laut Inschrift wurde das Haus im Jahr 1838 errichtet. Lange Zeit bot es unterschiedlichen Bewohnern ein Zuhause. Zuletzt stand es leer. Durch die Lage im Zentrum der Ortschaft erfährt das Gebäude jedoch viel Aufmerksamkeit.

Mit großem ehrenamtlichen Einsatz und mit finanzieller Unterstützung der Nordrhein-Westfalen-Stiftung wurde das Tempelhaus seit 2018 umfassend saniert und zum kulturellen Treffpunkt ausgebaut. Im Giebel vermauerte Feldsteine wurden ausgetauscht, Gefache neu gemauert, Lehm an die Wände gebracht, Wände gedämmt — alles nach Vorgaben des Denkmalschutzes. Damit aus den einst unansehnlichen Räumen ein barrierefreier Ort der Zusammenkunft wird, engagieren sich viele Menschen. Darunter vor allem die Mitglieder der Dorfgemeinschaft Talle, die sich federführend für die Belebung der Ortsmitte einsetzen.

Rückzugsort in Hanglage

Pastorats Busch Kempen

Alte Bäume und Totholz — für viele Tierarten verbirgt sich darin ein wahres Paradies. Zwischen den Höhen bei Tönisberg und dem Orbroicher Bruch in Krefeld liegt solch ein Naturschatz: der „Pastorats Busch“.

Das Areal bei Kempen gehört zu einem Überbleibsel aus der vor-letzten Eiszeit. Denn die knapp 10.000 Quadratmeter große Waldfläche ist Teil des Schaephuysener Höhenzugs, der vor etwa250.000 Jahren von den Eisrändern der Gletscher geformt wurde. „Hangwälder wie der ,Pastorats Busch’ sind am Niederrhein eine Seltenheit“, sagt Bodo Meyer von der Stiftung Krefelder Natur- und Kulturlandschaften.


Alte Bäume, neue Bewohner

Die exponierte Lage, der sandige Boden, alte Buchen, Eichen und Eschen machen die Waldfläche für viele Tiere und Pflanzen zum idealen Lebensraum. Betagte Bäume und Totholz bieten nicht nur Höhlenbrütern wie Buntspecht, Hohltaube und Waldkauz zahlreiche Rückzugsorte. „Das alte Gehölz mit natürlichen Höhlen zieht auch viele Insektenarten wie Hornissen an. Hummeln und Wespen bauen ihre Nester im sandigen Boden“, sagt Bodo Meyer. Um das ökologisch wertvolle Gebiet dauerhaft für den Naturschutz zu sichern, hat die Stiftung Krefelder Natur- und Kulturlandschaften es in enger Kooperation mit dem NABU-Bezirksverband Krefeld/Viersen gekauft. Finanzielle Unterstützung beim Erwerb des Waldstücks kam außerdem von der NRW-Stiftung.


Erhalt von Artenvielfalt

Ziel des Ankaufs ist, die Artenvielfalt zu erhalten, Zersiedelung und Flächenfraß einzudämmen. Denn das Areal ist nicht nur ein wichtiger und seltener Rückzugsort für unzählige Tier- und Pflanzenarten. Der „Pastorats Busch“ dient außerdem als bedeutendes Bindeglied zwischen umliegenden Waldflächen in einer ansonsten intensiv landwirtschaftlich genutzten Gegend. Bedingt durch die Hanglage wurde die erworbene Fläche in der Vergangenheit waldbaulich kaum genutzt. Das soll auch in Zukunft so bleiben. Die neuen Eigentümer wollen der Natur ihren Lauf lassen. Eingriffe soll es langfristig nur aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht geben.

Rettung für ein Baudenkmal

Jüdische Schule Petershagen

Beim Erinnern geht es nicht nur um die Vergangenheit. Es geht auch um das Heute und um das Morgen. In Petershagen kann man das außerordentlich gut nachempfinden. Dort gibt es einganz besonderes Gebäudeensemble in der Altstadt: Es bewahrt das Andenken an jüdisches Leben. Das Judentum prägte fast 500 Jahre lang die Geschichte des Ortes an der Weser mit. Mit Hilfe der NRW-Stiftung wurde ein Teil des historischen Ensembles 2021 saniert und damit für die Zukunft erhalten. Synagoge, Schule, Friedhof, jüdisches Ritualbad und Wohnhäuser erinnern an die typische Infrastruktur einer kleinen jüdischen Landgemeinde. In Norddeutschland ist das Ensemble von Petershagen einzigartig. Synagoge und jüdische Schule sind dabei nicht nur Begegnungs- und Gedenkstätte. Sie sind Informations- und Dokumentationszentrum sowie außerschulischer Lehr- und Lernort. Damit hält das Denkmal auch die Erinnerung an die Opfer des Holocaust wach.

Für den Erhalt der geschichtsträchtigen Orte machen sich der „Trägerkreis ehemalige Synagoge Petershagen“ und die „Arbeitsgemeinschaft Alte Synagoge Petershagen“ stark. Ihnen bereitete der Westgiebel der 1796 erbauten jüdischen Schule viele Jahre Sorgen. Im Laufe der Zeit wurde die Wand immer wieder ausgebessert und verstärkt. Zuletzt lösten sich einzelne Gefache aus dem Mauerwerk, Fugen mussten erneuert und Feuchtigkeitsschäden an Sockel und Innenwänden beseitigt werden. Die umfassende Sanierung der Westwand trägt dazu bei, dass in Petershagen auch zukünftig ein wichtiger Teil der Geschichte sichtbar bleibt.

Mühlen-Geschichte wird digital

Rheinisches Mühlen-Dokumentationszentrum

Sie stehen in Essen, Pulheim, Troisdorf und in vielen anderen Orten im Land. Jede von ihnen erzählt ihre eigene Geschichte. Sie handeln von harter Arbeit, Wind- und Wasserkraft, von Getreide und anderen Rohstoffen. Allein im Rheinland zählte man zur Mitte des 19. Jahrhunderts 3.336 Wasser- und 265 Windmühlen. Alle sind sie Zeugnisse einer langen Historie der Energienutzung. Neben Getreidemühlen entstanden mehr als 100 Arten von Werkmühlen, die die Industrialisierung mitgeprägt haben. Aber nur ein kleiner Teil dieser Landmarken hat Zeit und technische Entwicklung überdauert.

Der Verein Rheinisches Mühlen-Dokumentationszentrum (RMDZ) hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichte der Mühlen zu bewahren. Dazu dokumentiert und archiviert der RMDZ mit Sitz in der Gymnicher Mühle in Erftstadt den Bestand und die Historie der Bauwerke in Nordrhein-Westfalen und anderen Regionen. Um dieses wertvolle Wissen dauerhaft zu sichern und zeitgemäßer aufzubereiten, wird das Dokumenten-Archiv des Vereins mit finanzieller Hilfe der NRW-Stiftung digitalisiert. Ausgewählte Inhalte wird der Verein unter anderem über die eigene Website veröffentlichen. Mit ihrem Einsatz fördern die Vereinsmitglieder den Erhalt und die Wertschätzung von Mühlen als sichtbare Elemente eines bedeutenden kulturellen Erbes. 2018 wurde das traditionelle Müllerhandwerk in Wind- und Wassermühlen in die Liste des Immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen.